Evaluation der 5G E-Assessment Umgebung an der H-BRS

23.02.2023

Nachdem beim Praxistest der 5G-gestützen E-Assessments an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS) erhebliche Einschränkungen in Bezug auf die Anzahl der zeitgleich aktiven Teilnehmenden festgestellt wurde, fand eine weitere technische Evaluation der Infrastruktur statt, um die Einschränkungen besser nachvollziehen und die Ursachen dafür identifizieren zu können. Die Untersuchungen fokussierten sich dabei insbesondere auf die Latenz zwischen den Endgeräten der Studierenden und der E-Assessment Plattform Dynexite.

Prüfung der Verbindungsqualität

Um eine Chancengleichheit bei der Teilnahme an E-Assessments zu gewährleisten, nutzt die E-Assessment Plattform Dynexite einen Prüfmechanismus, der die Verbindungsqualität zwischen dem Webbrowser der Teilnehmenden und der E-Assessment Plattform überwacht. Kommt es zu Einschränkungen der Verbindung, wird die für die Bearbeitung zur Verfügung stehende Zeit automatisch gestoppt und dies den Teilnehmenden über eine entsprechende Meldung im Webbrowser angezeigt. Erst wenn die Verbindung wiederhergestellt werden kann, wird auch die Bearbeitungszeit weiter gemessen. Dieser Mechanismus basiert technisch auf einer kontinuierlichen Überwachunbg mittels Websocket-Nachrichten. Diese Technologie ermöglicht es der E-Assessment Plattform einen Nachrichtenaustausch mit dem verbundenen Webbrowser zu initiieren. Um die Verbindungsqualität festzustellen, messen sowohl Webbrowser als auch E-Assessment Plattform die Zeit zwischen dem Versand einer Nachricht und dem Empfang der zugehörigen Antwort. Übersteigt diese Dauer einen kritischen Wert, kann die E-Assessment Plattform die Bearbeitungszeit unterbrechen und der Webbrowser zeigt die entsprechende Bildschirmmeldung an. Im Praxistest an der H-BRS wurde der beschriebene Mechanismus insbesondere bei hohen Teilnehmerzahlen ausgelöst, was dazu führte, dass eine Bearbeitung der E-Assessments zunächst nicht möglich war.

Versuchsaufbau

Um die Ursache dieser Beobachtung zu ergründen, wurde ein Versuchsaufbau gewählt, der eine Messung der Umlaufzeiten von Websocket-Nachrichten unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen ermöglicht. Um möglichst viele Gegebenheiten des Praxistests zu berücksichtigen, wurden die Evaluationen im selben Hörsaal und unter Nutzung derselben Hardware durchgeführt. Lediglich die Endgeräte der Studierenden wurden durch Smartphones vom Typ Google Pixel 7 ersetzt, die jeweils per Ethernet mit einem 5G-Router verbunden wurden.

Umlaufzeiten im Leerlauf

Im ersten Test wurden 29 Endgeräte, jeweils über einen eigenen 5G-Kanal mit dem Campusnetz verbunden. Das Radio Access Network (RAN) wurde in Minimalkonfiguration mit einer Radio Unit betrieben, um Kapazitätsengpässe im Gesamtsystem frühzeitig zu erkennen. Ein erster Test mit 29 aktiven Websocket-Verbindungen zeigte bei allen Clients eine konstante Nachrichtenumlaufzeit von ca. 40 ms (siehe Abbildung 1). image Abbildung 1: Umlaufzeit der Websocket-Nachrichten für 29 5G-Clients. Betrieb des RAN mit einer Radio Unit.

Auswirkung von Last im 5G-Netz auf Nachrichtenumlaufzeit

In einem weiteren Test wurde mit Hilfe eines lokal gehosteten Speedtests Last erzeugt. Hierbei wurde an einem der 29 5G-Router ein zusätzliches Endgerät angeschlossen, mit dem der Speedtest durchgeführt wurde. In Abbildung 2 ist deutlich zu erkennen, dass die erzeugte Last auf dem Übertragungsweg zwischen 5G-Router und dem 5G-Campusnetz Auswirkungen auf die Nachrichtenumlaufzeit des zweiten am 5G-Router angeschlossenen Endgerätes hat. Insbesondere bei Last durch einen Upload sind Umlaufzeiten von bis zu 900 ms zu beobachten (siehe Abbildung 2). image Abbildung 2: Umlaufzeit der Websocket-Nachrichten für 29 5G-Clients unter Last im Netzwerk. Betrieb des RAN mit einer Radio Unit. Am Router von Client 29 befindet sich das lasterzeugende Endgerät.

Auswirkung von Last im WLAN-Netz auf Nachrichtenumlaufzeit

Diese Auswirkungen beschränken sich jedoch auf den 5G-Kanal, der gleichzeitig vom lasterzeugenden Endgerät genutzt wird. Bei allen anderen, während dem Test verbundenen Clients, bleibt die Nachrichtenumlaufzeit konstant. Vergleicht man dieses Verhalten mit einem WLAN-Netzwerk, wird deutlich, welche Vorteile ein 5G-RAN bietet. Während sich die Auswirkungen der Last im 5G-RAN auf ein einzelnes 5G-Endgerät beschränken, haben sowohl der Upload als auch der Download im WLAN-Netzwerk Auswirkungen auf alle angeschlossenen Teilnehmer (siehe Abbildung 3). image Abbildung 3: Umlaufzeit der Websocket-Nachrichten für 29 WLAN-Clients unter Last im Netzwerk.

Auswirkung einer zweiten Radio Unit auf Nachrichtenumlaufzeit

Die bisher beschriebenen Tests wurden mit einer Radio Unit durchgeführt, um mögliche Limitierungen der Kapazität des 5G-RANs frühzeitig zu erkennen. Um die Situation währen dem Praxistest nachzustellen, wurde für den nachfolgenden Test eine zweite Radio Unit ins System eingefügt. Beide Radio Units wurden mit maximal möglichem Abstand (ca. 12 Meter) im Hörsaal platziert. Bereits im Leerlauf (ohne Last im Netzwerk) wird ersichtlich, dass sich die Nachrichtenumlaufzeiten im System deutlich erhöhen (siehe Abbildung 4). image Abbildung 4: Umlaufzeit der Websocket-Nachrichten für 29 5G-Clients. Betrieb des RAN mit zwei Radio Units.

Betrieb mit zwei Radio Units in zwei unterschiedlichen Hörsälen

Um die Ursache für dieses Verhalten weiter einzugrenzen, wurden die zweite Radio Unit und die Hälfte der 5G-Router in einem benachbarten Hörsaal platziert. Hierdurch sollten mögliche Einflüsse auf der Funkschnittstelle, die durch den gleichzeitigen Betrieb zweier Radio Units in einem Raum begründet sind, ausgeschlossen werden. Die Ergebnisse zeigen Nachrichtenumlaufzeiten, die mit denen vergleichbar sind, die beim Betrieb mit nur einer Radio Unit im Leerlauf gemessen werden konnten. Somit lässt sich auf einen Zusammenhang zwischen den erhöhten Umlaufzeiten und dem Betrieb zweier Radio Units im Empfangsbereich der 5G-Endgeräte schließen (siehe Abbildung 5). image Abbildung 5: Umlaufzeit der Websocket-Nachrichten für 29 5G-Clients. Betrieb des RAN mit zwei Radio Units, jeweils in getrennten Hörsälen.

Fazit

Die Tests konnten zeigen, dass der Einsatz von 5G-Campusnetzen zur Durchführung von E-Assessments grundlegende Vorteile gegenüber einer WLAN Installation bietet. Insbesondere die Trennung der Übertragungskanäle zwischen den verbundenen 5G-Clients sorgt dafür, dass die verwendete Infrastruktur auch ohne anwendungsbasierte 5G Quality of Service (QoS) Konfigurationen konstante Verbindungseigenschaften ermöglicht. Damit stehen Teilnehmenden von E-Assessments robuste Übertragungskanäle zur Verfügung, die sich, im Gegensatz zu WLAN-Netzwerken, nach dem Verbindungsaufbau nicht gegenseitig beeinflussen.

Die beim Praxistest beobachteten Einschränkungen sind mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den parallelen Betrieb zweier Radio Units in einem Hörsaal zurückzuführen. Die gelegentlich auftretenden, stark erhöhten Nachrichtenumlaufzeiten lösen den Mechanismus zur Überwachung der Verbindung zwischen dem Webbrowser der Teilnehmenden und der E-Assessmentplattform aus und führen zu einer Unterbrechung der Bearbeitungszeit. Da die Verzögerungen bei der Übertragung nur unregelmäßig auftreten, ist die Auswirkung auf weniger zeitkritische Anwendungsfälle (z.B. das Aufrufen einer Website) weniger kritisch und im Zweifel kaum merkbar.

Im Zusammenhang mit dem Betrieb zweier Radio Units kommt ein Handover der Verbindung eines 5G-Clients zwischen beiden Antennen als mögliche Ursache für Verzögerungen bei der Datenübertragung in Betracht. Eine Überwachung der Zuordnung von Clients zu den Radio Units während der Tests ergab jedoch keine Hinweise auf Handover. Die Ursache der Übertragungsstörungen konnte im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen nicht geklärt werden. Denkbar sind Störungen im Funknetz, die durch Fehlkonfigurationen der Antennen auftreten und zu Paktverlusten führen. Auch ein Softwarefehler im RAN kann nicht ausgeschlossen werden, da die diese vom Hersteller stetig weiterentwickelt wird.